Teil 5 - Mirko Milan steht auf Konfrontation

Geschichten von Ania Angsthase und ihren Freund*innen

Einige Personen auf einer Straße, verschwommen von hinten zu sehen.

Mit diesen Geschichten möchten wir mehr Verständnis für die „Innenansicht“ verschiedener Leidensbilder geben und Lösungen aufzeigen.
Gleichzeitig hilft das Element Humor: Wir lachen nicht ÜBER Ania & ihre Freund*innen, sondern MIT ihnen über ihre kleineren und größeren Schwächen. Ein erster wichtiger Schritt in Richtung Lösung.  

Mirko Milan steht auf Konfrontation

Deshalb hat es ihn über verschiedene Zwischenstationen nach Berlin-Kreuzberg verschlagen.
Die Äußere Neustadt nach der Wende in Dresden, dann die Jahre auf der Schanze in HH, das war cool, aber das waren halbe Sachen.
Mirko gehört nach Kreuzberg.

WG gefunden und bezogen.
Um die Häuser gezogen.

Mirko ist da, wo er hingehört, wenn auch 35 Jahre zu spät. Kreuzberg in den 80ern, das wäre seins gewesen.

Konfrontation und Krawalle.
Was hätte er da alles bewegen können. Den Kapitalismus aushebeln.
Kommunen gründen.

Ach Mensch, das Leben ist nicht fair.
Egal, er ist in Kreuzberg. Das ist genial und immerhin gibt es den Revolutionären 1. Mai. Und ein paar andere Demos.

Auf Demos war Mirko stets in seinem Element. In jüngster Zeit ist das Element, dass ihn in Menschenmengen begleitet, Wasser.
Nicht aus dem Wasserwerfer, es geht um Schweiß. Den eigenen. Er schwitzt.
Auch in der Bahn.
Am Alexanderplatz.
Sogar im Club in Kreuzberg.

Mirko muss sich mit der Tatsache konfrontieren: Er hat Angst vor vielen Menschen. Sozialphobie. So ein Scheiß.

‚Ich war auf jeder Demo dabei, im Stadion bei St.Pauli, und bei diesem Freundschaftsspie haben wir uns mit diesen Deppenfans von Dynamo Dresden gekloppt. Das alles hat richtig Spaß gemacht, auch der Polizeiauflauf konnte uns nichts anhaben‘.

Wenn Mirko etwas ehrlicher zu sich wäre, würde er sich eingestehen, dass er auf max. 15 Demos war, immer lieber im ‚Knust’ Fußball geschaut hat als im Stadion am Millerntor und dass der Schlagabtausch mit den Dresdner Fans lustig war. Weil er wegen seiner Dresdner Jahre den Dialekt so schön imitieren kann. Die Dynamos waren irritiert.

‚Ach, wir waren jung und wir waren obercool. Und jetzt soll ich eine Sozialphobie haben?‘ fragt er Paula P., seine alte Schulkameradin.

‚Besser als Zwänge, das sag ich Dir. Sozialphobien sind behandelbar. Mit Hypnotherapie und M....‘

‚Hör auf damit!‘

‚Was denn, Konni sagt auch, dass Hy....‘

‚Konni? Unser Kugelblitz? Unser Kuchenkügelchen?‘

‚Mirko, hör Du auf, Konni ist inzwischen total schlank. Nicht so anarchistendürr wie Du, aber schlank. Und sie wirkt richtig gesund.‘

‚Hast Du anarchistendürr gesagt?‘

‚Mirko, Du warst immer gut dabei, wenn es darum ging, andere zu beleidigen, jetzt bleib mal auf dem Teppich und leg Dich auf die Couch.‘

‚Wie jetzt? Psychoanalyse? Drei Jahre Freud?‘

‚Nein Hypnotherapie. Oder wenn Dir die nicht passt: solche Leute behandeln auch mit anderen körperorientierten Methoden.‘

‚Körperorientiert? Massage oder was?‘

‚Nee, nicht direkt. Ach, schau doch einfach auf die Website.
Was unterhalte ich mich eigentlich hier so ewig mit Dir? Ich muss heute noch meinen Abstellraum aufräumen und desinfizieren. Ich habe jetzt gar keine Zeit für Dein Problem.‘

Menschen können schon echt furchtbar sein. Zum Glück habe ich eine Sozialphobie, sagt sich Mirko und geht nach Hause in seine WG.
Dort setzt er sich an den Computer.
Nur mal kurz gucken.

 

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